Ebbe und Flut. Verfügt Ihr über Zeit - postioniert Euch in Vester Vedsted oder auf Mandø in aussichtsreicher Position. Und beobachtet den Wandel. Nirgendwo in Dänemark könnt Ihr die Kraft der Gezeiten deutlicher wahrnehmen als innerhalb dieser Koordinaten. Nur im südlichen Dänemark (Rømø/Mandø - bereits auf Fanø in merklich abgeschwächer Form) ist die Naturkraft (Zusammenspiel Mond/Sonne) so deutlich wahrnehmar wie im Dunstkreis von Mandø.
Zur Erinnerung: wir haben es hier mit Wasserbewegungen zu tun, die infolge der Gravitation des Mondes und der Sonne durch die zugehörigen Gezeitenkräfte verursacht werden. Welch Spektakel!
Können sich 80.000 Tagesausflügler pro Jahr täuschen?
Mandø gehörte bisher ein Dutzend Mal zu meinen Ausflugszielen – von meinen Basiscamps bzw. Startpunkten auf Rømø, Fanø oder von
Hvide Sande bzw. Nymindegab auf Holmsland Klit (Midtjylland) über Ribe aus dem Norden Dänemarks eigenhändig zusteuernd, anschippernd oder schleppend. Oder zwei Dutzend Male? Obwohl: hier gibt es –
nichts. Oder doch?
Überfahrt per Sportwagen. Nerven aus Stahl.
Zunächst: ein Sportwagen und Mandø? Inkompatibel. Die nicht abgebrochene Überfahrt über die auch bei Ebbe (Wechsel Ebbe/Flut: 2x a 24 Stunden) wässrige, ungerade 9,5 Kilometer- Schotterpiste Vester Vedsted – Mandø wird hiermit als nervenaufreibendes, aber erfolgreiches Experiment verbucht. Allerdings: beide Anlandungs-Strategien a) geringe Geschwindigkeit (5 bis 10 km/h: Achtung – enges Zeitfenster, Tidenhub = 1,7 Meter Höhenunterschied) oder b) Augen und Zu und Durch (Bleifuss) ist zwar zielführend, allerdings strapazierend für Leib (Ihr benötigt Nerven aus Stahl) und Material. Aufgrund des eng geschnürten Gesamtpakets nicht zur Nachahmung empfohlen!
Exakte Geometrie
Mandø - Abstände und Entfernungen: Ribe Deich - Mandø Deich = 6,5 km. Ribe Deich - Mandø By = 9,5 km (anders als der geteerte, 9,2 Kilometer lange Rømødaemningen, der Rømø mit dem Festland verbindet, verläuft diese
Schotter-Pisten-Verbindung nicht kerzengerade). Wattenmeercenter nach Mandø By = 10,8 km. Durschnittliche Fahrtdauer Vester Vedsted - Mandø = 20
Minuten.
Gezeiten und Tidenhub. Der Vergleich: die um Mandø vorherrschenden Wirkkräfte sind faktisch geringer ausgeprägt als jene von mir beobachteten in der Bay of Fundy (Nova Scotia, Kanada) oder in der Bretagne (Frankreich) - beiden Regionen weisen die stärksten Gezeiten- und Hubkräfte unseres Planeten auf. Allerdings ist der bei Unvorsichtigkeit eintretende Effekt identisch. Ursache für die starken Gezeiten in der Bretagne: geringe Tiefe plus Stauwirkung des Ärmelkanals. Höhenunterschied an der bretonischen Atlantikküste: in der Bucht von St. Malo 11 Meter, ganze 14,04 Metern bei Roscoff (gemessen 2015). Um Mont Saint-Michel (Grenze Normandie/Bretagne, stärkste Gezeiten Europas) zieht sich das Meer bei Ebbe bis zu 15 Kilometer zurück - wie ich immer wieder selbst dokumentieren durfte.
Ebbe. Flut. Beaufortskala.
Setzt Ihr auf eigens Fortbewegungsgerät: checken der Gezeiten (Wasserstand ab +50 keine Überfahrt) und Windstärke (starker Westwind provoziert bis zu zwei Meter hohe Wellen bzw. einen schneller steigenden Meeresspiegel) ist Pflicht. Und dient Leib und Leben. Eure PKW-Anlandungs-Trasse: Låningsvej. Diese Fahrspur ist bei Niedrigwasser befahrbar. Ausschließlich per Traktorbus passierbar (schwammiger Sand): nördlicher Ebbevej (Erkennungszeichen: symmetrisch angeordneter Baumbestand). Beide Strecken (Distanz: zunächst 100 Meter, nach bereits 500 Metern vereinen sich beide Strecken) verlaufen nahezu parallel. Ihr steht somit während Eurer Passage des kritischen Parts in Sichtkontakt zu eventuell weiteren Überfahrern.
Empfehlung für Tagesausflüger: beide Traktor-Linien mit Hänger (rot-blau oder grün). Allerdings: Fahrbetrieb nur zwischen April und Oktober. Und nach Vereinbarung. Positioniert Euer eigenes Fahrgerät westlich von Vester Vedsted (Parkplatz) am Wattenmeerzentrum (Vadehavscentret, Adresse: Okholmvej 5, Vester Vedsted, 6760 Ribe). Von hier aus sind es nur wenige Meter zur Abfahrtstelle bzw. zum Starpunkt Eurer Überfahrt. Übrigens: auch das Wattenmeerzentrum ist ausgesprochen sehenswert!
Koordinaten: 55° 17′ 27″ N, 8° 40′ 34″ E. Longitude: 8.669061. Latitude: 55.295765
https://mandoebussen.dk/de/der-fahrplan-fuer-den-mandoe-bussen
Gezeiten checken. Hier der passgenaue Tidenkalender (auf Dänisch):
Die stärkste Strömung besteht rund 3 Stunden nach Flut (flom) bzw. Ebbe (fjære).
Hallig oder Nicht-Hallig? Das ist hier die Frage.
Gelegentlich wird Mandø nach wie vor als Hallig bezeichnet - also "eine nicht oder nur wenig geschützte Marschinsel vor den Küste" - die bei einer Sturmflut überschwemmt werden kann. Allerdings besitzen Halligen keinen Deich ("an der offenen See liegendes, unbedeichtes Land“). Mandø hingegen schon - und zwar im Nordosten. Im Westen schützen die Insel natürliche Dünen. Also: ohne weiteres kein Landunter auf Mandø!
Aus blau mach grau. Wolken? Die Situation ändert sich minütlich. Wie fast überall in Dänemark
Küken westjütländischer Tourismus-Kultur
Mandø, Rømø und Fanø: Während Rømø nach Singapur eines meiner meistangesteuerten Reiseziele (Startpunkt: Frankfurt a.M.) weltweit darstellt, bildet Fanø das etwas ruhigere
Kontrastprogramm. Mandø, die kleinste des bewohnten, dänischen Nordsee-Trios, ist mit 30 bis 35 Einwohnern und einer Fläche von nur 3,2 km x 2,6 km das Küken
der westjütländischen Tourismus-Kultur. Sommerhus auf Mandø – oh, ja – sie ragen auf in den UNESCO-Weltnatur-Erbe (Wattenmeer) Himmel. Eine wenige Tage habe selbst ich genossen.
Sogar während des Schreibens dieser Zeile! Durchaus im Gepäck: ein Hotel. Sowie ein Miniatur-Campingplatz und einige (wenige) Ferienwohnungen. Doch die Inselbewohner vezichten auf den großen
Strom. Ansturm ausgefallen. Nicht kompatibel mit Länge und Breite. Ein Hoch auf Mandø!
Advarsel, Achtung, Warning: von Vester Vedsted nach Mandø
Baden auf Mandø. Symbolisch westlich der Sturmflutsäule und auf Koresand
Badestrand auf Mandø: erstreckt sich westlich der Sturmflusäule, hinter dem einzigen, größeren Heidegebiet der Insel. Achtung: betreten nur bei Flut! Wie das? Zieht sich das Wasser zurück, könntest Du aufs Meer hinaus getrieben werden!
Austernsafari, Seehundsafari? Möglich auf Mandø! Aber auch konventionales Wattwandern, klassisch mit Gummistiefeln (im Reiseportfolio eines jeden Dänemark-Urlaubers, sogar im Miniatur-Kofferraum eines Sportwagen-Mandø-Überfahrers) oder gar in grüner Gummihose!
Hinweg im Augenblick. Planungstechnische Finesse
Sturmfluten auf der Gezeiteninsel Mandø: jenes Exemplar aus dem Jahre 1624 ist die gewaltigste, die Wassermassen auf die Insel trieb. Bis zur Mandö Kirke arbeitete sich die legendäre Flut vor – und spülte das Bauwerk hinweg im Augenblick. Bis auf das Taufbecken. Wie durch ein Wunder blieb das Ritusobjekt erhalten – und steht heute in der neu errichteten Kirche im Mandø Kirkevej Nummer 2.
Mandø Kirke: wind- und wetterfest. Durch planungstechnische Finesse. Das Gemäuer (ich hege Sympathie für nordische Kirchen, außerhalb sakraler Bauwerke hat z.B. die dänische Architektur leider weniger zu bieten als die französische) bietet zwei gegenüberliegende Eingänge. Vorteil: Schutz vor frischen Brisen über 5,5 auf der Beaufortskala.
Der Klei ist angerührt
Graslandschaft (Marsch) auf Mandø. Die obere Bodenschicht besteht aus Lehm und Sand (Klei). Die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes umfasst den Anbau von Gras, Buchweizen und Raps. Kühe und Schafe grasen auf den Weiden.
Klei - der Stoff, aus dem die Deiche sind. Das Bollwerk gegen die Flut wird auch an der deutschen Nordseeküste abgebaut. Wie auf Rømø und Fanø - lasst die See-Mischung durch Eure Finger gleiten...
Die große Flut
Die große Flut: zuetzt 1999. Zuvor 2013 (Orkantief Xaver), 1981 (der Deich brach, die Kirche blieb stabil), 1976 und 1928. Sagenhaft weitere Ereignisse wie jene 1923 und 1624 sind hier per Höchststand dokumentiert.
Das Pendant: kurz vor Eurer Überfahrt nach Mandø ragt dieses Bauwerk in den dänischen (Abend-) Himmel empor. Sturmflutsäule zwischen Küste und Mandö
Küstenschutz auf Mandø (unten): Holz-Buhnen pflastern ihren Weg. Lahnungen - bis hierhin und nicht weiter! 30 bis 35 menschliche Einwohner. Und noch mehr Schafe.
Weitere Highlights und Empfehlungen
Vogelbeobachtung auf Mandø. Immerhin handelt es sich bei den zu beobachtenden Freunden hier um die meistgesehenen Vertreter des Tierreichs. Fernglas nicht vergessen!
Mandø Klithus: Mandø Center mit Restaurant, Cafeteria mit Terasse, Naturausstellung und angeschlossenem Hotel (Einzel- und Doppelzimmer), Schullandheim und einen Festsaal für das inselübersteigende Einwohnerpotential von 100 Menschen.
Das Kapitänshaus beherbergt ein kleines Inselmuseum.
Naturausstellung im Mandø Center: Informationen Ebbe und Flut, UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer, Wind und Flut sowie Seefahrt. März bis Oktober zu unterschiedlichen Zeiten. Eintritt kostenlos.
Einkaufen im Insel-Supermarkt! Natürlich gibt es in Mandø By ein...ähm, Brugsen. Gleich links des Gebäudes besteht die Möglichkeit, den gerade erworbenen Proviant zu verspeisen (Tische und Bänke).
Infos
Gezeiten checken. Hier der passgenaue Mandø-Tidenkalender (auf Dänisch):
https://www.dmi.dk/danmark/#c1224
Tidenkalender für Gesamt-Dänemark (auf Dänisch):
https://www.dmi.dk/danmark/#c1224
Mandø Bussen: ab Vester Vedsted, ca. 45 Minuten Fahrt nach Mandø.
Rot-blaue Linie: Traktorbus von Berit und Preben Nielsen, Tel. +0045-75445107 info@mandoebussen.dk
und
Mandø Kro & Traktorbusser (Achtung: aktuell geschlossen. Steht zum Verkauf), Mandøvej 31, 6760 Ribe, Tel 0045-75445912, E-Mail: martin@mandoekro.dk
J.R. Skye - 161 bereiste Länder. Hier geht es nach Dänemark und hier nach Rømø
Trolltunga, Norwegen? Go!