In diesem Abriss beschreibe ich eine meiner Trolltunga-Besteigungen zum Saisonstart am 15. Juni. Meine Begleitung zur Felsformation an diesem Tag (wie so oft): Mona-Liza.
"Trolltunga, Norwegen (60° 7′ 58,74″ N, 6° 45′ 14,64″ O): Die Regeln sind unmissverständlich definiert - das Zeitfenster eines sicheren Aufstieges beträgt 3 Monate (15. Juni - 15. September). Wie ich die spektakuläre Felszunge auch außerhalb der Saison erreichte und warum ich vor einer Besteigung außerhalb der Geschäftszeiten warne"...
Das Erreichen der spektakulären Felszunge von Trolltunga außerhalb der Saison (April) zähle ich zu meinen Top 15 Hiking-Exkursionen. Nicht die Wanderung meines Lebens (hier stehen Streifzüge durch die Western Ghats, die Great Dividing Range oder durch die Sierra Madre Occidental auf den vorderen Plätzen), aufgrund meterhohen Schnees, unter Eis verborgenen, reißenden Strömen und - ein wenig erschreckend - sich hinter mir lautlos von scheinbar festen Böden lösenden, weißen Landmassen gehört dieser Marsch allerdings zu den einprägsamsten meiner gesamten Reise-Historie.
Die kleinsten und größten Highlights aus 161 bereisten Ländern.
Perspektivisches betrachten von architektonischen Kuriositäten sowie minimale körperliche Aktivität in 161 bereisten Ländern. Bergsteigen im Himalaya, gemütlich über den Pazifik schippern
oder Gleitschirmfliegen in der Sierra Madre. Diesmal: Trolltunga, Norwegen!
Skandinavien komplettiert - Dänemark als Sprungbrett nach Schweden, Norwegen und Finnland: Fährüberfahrt nach Kristiansand - und zuweilen Bergen - (Norwegen) u.a. zu den Highlights Lysefjord/Kjerag und Trolltunga
Skandinavien - mich zieht es immer wieder, auch im Rahmen von Kurztrips über verlängerte Wochenenden, von Frankfurt am Main aus in den kontinentalen Norden. Dänemark mit seinen Nordseeinseln Römö und Fanö steuere ich mehrfach pro Jahr an, Skagen (im äußersten Norden, an der Schnittstelle zwischen Nord- und Ostsee) stellte dagegen bisher ein einmaliges Reiseziel dar.
Dänemark ist für mich auch das Sprungbrett nach Schweden und Norwegen sowie - im zuweilen weiteren Reiseverlauf - nach Finnland: per Fähre bewege ich mich hinüber nach Kristiansand (Norwegen) zu den Highlights Lysefjord/Kjerag und Trolltunga oder über die Öresundbrücke nach Schweden. Über diese recht oft bewältigten Ausflüge lest Ihr hier...auf diesen und jenen weiterlesen>>> Seiten...
In Nebel gehüllt, menschenleer: Trolltunga
Wie weiter unten beschrieben, beginnt und endet Euer Abenteuer im offiziell 526 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Skjeggedal, öffentlicher
Parkplatz "Mogelii" (der sich auf 400 Metern Höhe befindet, inkl. Mini-Shop und WC, Endpunkt Eurer Anreise von Odda, westlich des Hochplateaus Hardangervidda).
Zwischen dem 15. Juni bis 15. September verkehrt ein Shuttle-Bus von Odda bis Skjeggedal/Parkplatz. Zustieg zum Pendel-Shuttle direkt an beinahe sämtlichen Übernachtungsmöglichkeiten in Odda!
Meterhoher Schnee, unter Eis verborgene, reißende Ströme und - ein wenig erschreckend - sich hinter mir lautlos lösende, weiße Landmassen...
Habt Ihr Trolltunga tatsächlich erreicht und steht sicheren Fußes auf der etwa 10x5 Meter langen Felszunge (ein atemberaubendes Unterfangen), befindet Ihr Euch 10 Kilometer nordöstlich von Odda freischwebend in 1.100 Meter Höhe, ca. 700 Meter über dem Stausee Ringedalsvatnet (60° 7′ 58,74″ N, 6° 45′ 14,64″ O). Innerhalb der Saison (auch am 15.Juni) ist am Fuße Eures Ziels aufgrund kleinerer oder größerer Menschenmassen Wartezeit angesagt. Auf- und ansteigend bis August (angefangen von ca. 20 Minuten im Juni), leicht abebbend bis zum 15. September. Möchtet Ihr Trolltunga für Euch alleine, müßt Ihr außerhalb der Saison anreißen.
Wolkenverhangener Himmel und Nebel, Nebel, Nebel...
Euer Abenteuer beginnt und endet auf dem in 400 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Skjeggedal-Parkplatz "Mogelii" (inkl. Mini-Shop und WC, Endpunkt Eurer Anreise von Odda, westlich des Hochplateaus Hardangervidda). Die Parkgebühr im kleinen Bergdorf ist hoch und steigt beinahe jährlich, Experimente Zwecks Kostenersparnis sollten von Euch dennoch tunlichst vermieden werden. Ein kostenloser Parkplatz unterhalb des erstgenannten nagt an Euren Kraftreserven.
"Zum Saisonstart nehmen Euch auf mehr als 40% - zumeist bis zu 60%, davon beinahe ausschließlich auf den Hochplateaus - des zu erwandernden Streckenverlaufs Schneefelder in Empfang."
Zum Saisonstart gilt grundsätzlich - wie außerhalb der Geschäftszeiten: Aufkommende Müdigkeit ist im Rahmen dieser Exkursion fehl am Platze. Mangelnde Kondition bedeutet unbedingt Abbruch Eures Unterfangens. Euer 27,5 Kilometer langer Marsch (exakt von mir vermessen) durch das noch recht verschneite (kein Neuschnee, langsames abtauen alter Schneemassen) norwegische Gebirge nimmt durchschnittlich 10 – 12 Stunden in Anspruch, zum Saisonstart – inkl. 20 minütiger Wartezeit in überschaubarer Menschenschlange direkt vor Trolltunga – dürft Ihr bei regelmäßigen Pausen noch einmal 60 Minuten dazu addieren.
Im unteren, einstelligen Kilometerbereich: vorbildliche Streckenführung...
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"The summit is what drives us, but the climb itself is what matters.”
Conrad Anker
Eigenwerbung
Kilometer 1 Eures Marsches erfordert bereits aufgrund rutschiger und immer wieder mit Matsch überzogener Naturstein-Treppen erhöhte Aufmerksamkeit, schmale, blanke Steinplatten und Felsen befinden sich in diesem ersten Härtetest Eurer Physis mit bloßem, steilen, zuweilen von Wurzeln durchzogenem Erdreich in stetem Wechselspiel.
Die nicht immer trittfest zu besteigenden Treppen, umgeben von zartem Baumbestand, ziehen sich gerade in den letzten Metern dieses Parts scheinbar endlos dahin (400 Höhenmeter, auf Eurem Rückweg zählt dieser Streckenabschnitt übrigens aufgrund Eurer nicht mehr vollends gefüllten Kraftreserven zu dem schwierigsten), Seile erleichtern Euch an heiklen Stellen den Auf- (und späteren) Abstieg.
Farbmarkierungen weißen Euch den Weg...
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Hat Eure Physis Stand gehalten und Ihr habt Kilometer 1 sowie weitere 200 Meter hinter Euch gebracht, betretet Ihr ein Plateau mit Wasserläufen, über die kleine Holzbrücken führen ("Ferienhüttental Mogelidalen"), um halbrechts (unbedarfte Wanderer haben an dieser Stelle zuweilen die entscheidenden Markierungen verfehlt und landeten zu weit nördlich des weiteren Streckenverlaufs) auf eine abermalige, mit Felsen durchsetzte Anhöhe zu stoßen. Oberhalb dieses, von mir immer wieder als „Hindernis“ empfundene Massivs wartet zu Saisonstart bereits der erste, große Schnee auf Euch: Hier heißt es (anders als auf dem zuvor erwanderten Plateau, aus dem an immer wieder in den Himmel aufragenden, kleinen Felswänden Wasserfälle empor sprießen) durch eine leicht ansteigende, im Verlauf immer steiler werdende Ebene durch eine durchgängige Schneemasse zu waten.
Problem: Ohne festes Schuhwerk endet dieser Part
in einer Rutschpartie, die ein vorankommen beinahe unmöglich macht. Ab diesem Punkt wird bis Mitte Juni in der Regel Schnee Euer steter Begleiter sein. Tauwetter erfordert abermals
erhöhte Konzentration, denn unterhalb Eures Schuhwerks fließen immer wieder Wasserläufe dahin; ein Einbrechen könnte Eure weiteren Pläne zunichte machen. Während im Juli, August und
September Kilometer 1 bis 2 die kraftaufwändigsten sein sollten, warten zu Saisonstart (wie außerhalb der Saison) die nun eindeutig schwierigsten auf Euch. Schneefreie Zonen bedeuten
Matsch und immer wieder Wurzelwerk. Eine weitere, leicht ab- und wieder ansteigende Ebene heißt es nun zu bewältigen, ehe die nicht enden wollenden Kilometerpunkte 4 (weitere, letzte
Höhenmeter), 5 (hier erhebt sich eine von zwei Survival-Cabins bzw. Schutzhütten in den norwegischen Himmel) und 6 vor Euch liegen.
Hoher Erschöpfungsgrad und zwei Schutzhütten: dieser Wanderer hat den finalen Zieleinlauf nicht über die Bühne gebracht...
Habt Ihr bisher vergeblich nach einem markanten Punkt im Westen Ausschau gehalten, der sich in der Ferne majestätisch über den Horizont erhebt, habt Ihr spätestens ab hier gute Chancen, das Naturwunder in Euren bereits hinreichend strapazierten Fokus zu rücken: In der Ferne erhebt sich der drittgrößte Gletscher Norwegens, 1.662 Meter über dem Meeres- und Fjordspiegel, eingebettet in den Folgefonna-Nationalpark. Eine 214 Quadratkilomer große Region zwischen Sørfjord, Åkrafjordund Hardangerfjord im Westen. Von nun an ist dieses grandiose Naturwunder - auch unter sich ständig verändernden Wolken Formationen - nur noch schwer zu übersehen (siehe Foto unten, von mir eigenhändig per Kreuz markiert).
Kilometer 7 (Steinmännchen weißen Euch den Weg) und 8 (zweite Schutzhütte) sind zuweilen schneefrei ebenerdig zu bestreiten, ehe sich Euer Weg ab Kilometerpunkt 9 zunächst (an Felsen vorbei, kleiner Wasserfall) bergab und schließlich - überraschend komfortabel begehbar - an mehreren Anhöhen schmiegend abzeichnet. Dieser Streckenabschnitt gehört übrigens zu meinen Favoriten: Das Ziel bereits vor meinem geistigen Auge, setzte diese Passage (Bergwandern in Reinkultur) in mir regelmäßig neue Kräfte frei.
Kilometerpunkt 10 deutet die letzten Meter zu Eurem Zielpunkt an, rote Markierungen (im Gewirr unzähliger Felsplatten zuweilen schwierig auszumachen) weißen den Weg, der gerade hier in mehreren, parallel verlaufenden Varianten begangen werden kann. Mit geübtem Auge könnt Ihr in der Ferne bereits die Trollenzunge an der Abbruchkante des beinahe senkrechten Bergrückens ausmachen - zahlreiche Besucher, die Euch als Orientierungspunkte dienen, vorausgesetzt...
„Erst wenn ich wieder absteige, spüre ich das Gewicht der Welt auf mir.“
Anatoli Bukrejew (1958-1997, Russisch-kasachischer Extrembergsteiger)
Der Rückweg - die letzten 2 bis 4 Kilometer zehren an Euren Kraftreserven...
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"There’s no glory in climbing a mountain if all you want to do is to get to the top. It’s experiencing the climb itself – in all its moments of revelation, heartbreak, and fatigue – that has to be the goal.”
Karyn Kusama
"Wer einst fliegen lernen will, der muss erst stehn und gehn und laufen und klettern und tanzen lernen – man erfliegt das Fliegen nicht!"
Friedrich Wilhelm Nietzsche
“Climb mountains not so the world can see you but so you can see the world.”
David McCullough, jr
“Everyone wants to live on the top of the mountain, but all the happiness and growth occurs while you’re climbing it.”
Andy Rooney
“Stand tall on the summit after a tedious climb. Take in the remarkable scenery and the exhilaration of accomplishment. But don’t pause for long; there are greater mountains to climb while you still possess the drive and capacity to do so.”
Richelle E. Goodrich
“The climb might be tough and challenging, but the view is worth it. There is a purpose for that pain; you just can’t always see it right away.”
Victoria Arlen
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“There’s no secret on how to attain a greater height, just keep climbing the ladder, don’t look at the dreadful distance, lock up that negative thoughts today, and fulfil your dreams.”
Michael Bassey
Drei der fünf Fotos (unten), die ich nicht im Rahmen dieser Expedition geschossen habe: Trolltunga-Anfahrt im Winter!
“Anytime you finish a climb, there’s always the next thing you can try.”
Alex Honnold
Über Stock und Stein: Eintauchen in weitere Bibliotheken - weltweit: weiterlesen>>>